Wie rechnet sich Personalentwicklung oder Müssen wir messen müssen?
Diese Frage zeigt die große Verunsicherung in den Köpfen vieler Manager, vor allem vor den Zusammenhängen, die nicht in Zahlen darstellbar sind. Wo kommt das her?
Verantwortlich hierfür sind die beiden berühmten Herren Newton und Descartes, die uns im 17. und 18. Jahrhundert, diese Denkweise beschert haben. Descartes als Begründer und maßgeblicher Vertreter des modernen Rationalismus und Newton Begründer der Mechanik, lieferte die praktischen Experimente dazu. Beide legten äußerst erfolgreich den Grundstein für die Industrialisierung. Dieses mechanistische Weltbild hat die westliche Industriegesellschaft so geschaffen, wie wir sie heute alle kennen. Maschinen, Organisationen und sogar der Mensch wurden in ihrem „Funktionieren“ gleich gesetzt. Unser Wohlstand heute ist das Ergebnis dieser Vorstellung. Viele Menschen erleben jetzt: „Mehr des Selben funktioniert nicht mehr.“ D.h. in der Logik eines einfachen Ursache –> Wirkungsdenkens bringt die Erhöhung des einen Faktors als Input, nicht mehr das gewünschte Ergebnis als Output.
x = f (x)
Das Rechteck stellt eine Maschine dar, deren Funktion es ist, eine Ursache mit einer bestimmten Wirkung zu verknüpfen. Die Trivialität besteht in der monokausalen Verknüpfung von Ursache und Wirkung. Die Maschine steht hier als Metapher für viele Lebensbereiche. Projektpläne werden nach diesem Prinzip erstellt, Schulungsmaßnahmen für Mitarbeiter durchgeführt, Fusionen organisiert oder Coachinggespräche geführt bei denen der Coach „seine Erfahrung“ weiter gibt.
y = f y (x, z)
Die triviale Maschine wird um den Zustand Z erweitert. Dieser zeigt an, dass die Maschine zu unterschiedlichen inneren Zuständen fähig ist. Ohne den inneren Zustand Z zu kennen ist es nicht mehr möglich, das Verhalten der Maschine kausal zu erklären. Die Möglichkeiten werden unbegrenzt. Die Prozesse laufen zirkulär ab, sie reagieren auf neue Inputs mit neuen Outputs in unendlichen Schleifen.
Nun was tun? Mehr desselben, einfach Input erhöhen und dann auf einen gesteigerten Output hoffen? Menschen funktionieren eben nicht wie eine triviale Maschine, also können wir für Menschen auch keine simple Input/Output Rechnung erstellen. Jeder Versuch dazu, wie z.B. Bonussysteme zur Leistungssteigerung wird ein Versuch bleiben!
Was kann die Führungsmannschaft unternehmen?
Die Stärken jedes einzelnen Menschen aktivieren, Sie zu begleiten, herauszufinden wo die Stärken der Mitarbeiter liegen. Die Mitarbeiter dort einzusetzen wo ihre Stärken liegen. Die Verantwortung dort lassen wo sie hingehört, beim einzelnen Mitarbeiter selbst. Die künstliche Trennung von persönlicher Entwicklung und „professionellem“ Verhalten am Arbeitsplatz wird zunehmend als Entfremdung erlebt. Die Mitarbeiter erleben sich in ihrem Arbeitsleben nicht mehr authentisch. Aufgabe der Personalentwicklung heute ist es, die Mitarbeiter auf ihrem Bewusstwerdungsprozess zu begleiten und dafür zu sorgen, das jeder einzelne sich seiner Stärken, zumindest am Arbeitsplatz, bewusst wird und selbst verantwortlich handelt.
Maschinen müssen kontrolliert werden, Menschen dagegen ermutigt.
Die meisten Managementsysteme bauen auf Kontrolle. Kontrolle der Arbeitszeiten, Kontrolle der Ergebnisse, Kontrolle der Kommunikation. Da ist es nicht weit her mit der Vorstellung der Mensch sei mehr als eine triviale Maschine.
Nur eine Ermutigungskultur schafft die Rahmenbedingungen in denen Mitarbeiter Veränderungen anpacken wollen. In vielen Ländern hören Kinder schon sehr früh die Sätze: „ Du bist gut und gut genug. Du schaffst es“. In Deutschland wird Lob und Ermutigung weder gelehrt noch geübt. Im Gegenteil, wer den Fehler im Projekt beim Kollegen oder im Klassenzimmer als erster entdeckt wird als besonders bedeutend eingestuft. „Wer lobt, bringt sich in den Verdacht, dass er sein Studium vorzeitig abgebrochen hat oder im Sold des gelobten steht.“ So Peter Schneider in einem Artikel des Spiegels (Nr. 46/1989 S. 193)
(Selbst)bewusste und Verantwortung übernehmende Mitarbeiter werden bei der Unternehmensleitung als bedrohlich wahrgenommen. Eines liegt auf der Hand: Nur soweit, wie die Unternehmensspitze sich ihrer selbst bewusst ist, wird sie es auch den Mitarbeitern „erlauben“. Einfaches Input- Output denken, schützt die Führungsetage vor unangenehmen Überraschungen, evtl. das eigene Selbstbild neu überdenken, oder schlimmer noch, selbst Verantwortung für das Handeln oder Nichthandeln übernehmen zu müssen. Veränderungen werden also durch selbstbewusste Mitarbeiter eingefordert oder durch weitsichtige Führungskräfte vorgelebt.
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